Wie auch große und komplexe Baugruppen durch Laser-Draht-Auftragsschweißen leichter werden

Photon Laser Manufacturing (PLM) hat nach der erfolgreichen Etablierung der Laserschweißtechnik im Automobil- und Schienenfahrzeugbau die notwendigen Bausteine für den Einstieg in den Schiffbau selbst entwickelt und konnte die bisherigen Hindernisse weitestgehend auflösen. Innovativer Stahl-Leichtbau wird vom Markt positiv aufgenommen und führt zu stetig steigenden Anforderungen an Qualität und Flexibilisierung.

Seit der Gründung im Jahr 1998 hat Photon das Leistungsspektrum, die Kapazitäten und das Know-how kontinuierlich ausgebaut. So können die Kunden die Vorteile des Laserstrahlschweißens und anderer innovativer Fertigungstechnologien optimal für ihre Produkte nutzen. Am Standort Berlin entwickelt, optimiert und fertigt Photon komplexe Leichtbaukomponenten und -baugruppen aus Stahl, Edelstahl, Aluminium und hybriden Verbundwerkstoffen mit dem Fokus auf nachhaltige Mobilität.

Im Gegensatz zum Automobilbau mit hohen Stückzahlen und vergleichsweise geringen Dimensionen und Anforderungen ähnelt der Schiffbau in einigen Aspekten dem Schienenfahrzeugbau. Hier wie dort werden vor allem große Bauteile in geringen Stückzahlen benötigt. Dabei gibt es jeweils einen großen Variantenreichtum, den es abzudecken gilt. Insbesondere müssen alle Schweißnähte zertifiziert werden und die Einhaltung der Produktionsbedingungen für jedes einzelne Bauteil dokumentiert werden.

Der folgende Best-Practice-Bericht zeigt die Vorteile des Laser-Draht-Auftragsschweißen (LDA) zur Erstellung topologieoptimierter Großstrukturen auf und schildert den Entwicklungsprozess im Rahmen des Forschungsvorhabens Innoadd zur Entwicklung topologieoptimierter Versteifungsstrukturen für die Außenhaut von Schienenfahrzeugen.

Aufbauend auf den Projektergebnissen und insbesondere den festgestellten Technologielimitationen, die im Forschungsprojekt Topogross (BMBF gefördert) gewonnen und identifiziert werden konnten, startete 2020 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt Innovative Technologien und Strategien für die additive Fertigung von Großbauteilen (kurz Innoadd) mit angepassten Zielstellungen und neuen Lösungsansätzen. Das Ziel des Projektes war die Entwicklung einer Fertigungstechnologie zum Herstellen von metallischen Wandstrukturen mit topologieoptimierten Versteifungen.

Im Vorhaben Topogross konnte Photon bereits demonstrieren, dass Laser-Pulver-Auftragsschweißen (LPA) dazu verwendet werden kann, topologieoptimierten Versteifungsstrukturen direkt auf eine exemplarische Seitenwand zu drucken. Dieses Verfahren ermöglicht es, im Designprozess des Schienenfahrzeug- und Schiffbaus völlig neue Wege zu gehen und so sollte mithilfe von Innoadd die Industrialisierung der additiven Fertigung topologieoptimierter Strukturen weiter vorangetrieben werden.

Abb. 1: Topogross Demonstrator
Copyright by Photon Laser Manufacturing GmbH

Im Rahmen von Innoadd sollte eine Laser-Draht-Auftragschweiß-Technologie entwickelt werden und deren Eignung am Beispiel eines Großdemonstrators nachgewiesen werden. Bei dem Demonstrator handelt es sich um eine Seitenwand eines Eisenbahnwagons in Realbauteilgröße (5 x 2 m), bei der konventionell aufgeschweißte Versteifungsstrukturen durch additiv hergestellte topologieoptimierten Leichtbaustrukturen ersetzt werden sollen. Ziel war es, durch diese Strukturen eine signifikanten Gewichtsreduktion der Seitenwände zu erreichen und in der Folge die Betriebskosten des Wagons senken und gleichzeitig neue Designkonzepte für Wagons ermöglichen zu können.

Zu den technischen Anforderungen des Projektes zählte, dass die Versteifungsstruktur nicht separat erzeugt und anschließend eingebaut werden sollte, sondern dass als Substrat, auf welches die Versteifungsstruktur aufgebracht wird, das Außenhautblech eines Schienenfahrzeugs dienen sollte. Dies zog mit sich, dass dessen Eigenschaften nicht nur als Substrat, sondern als Funktionselement innerhalb eines gesamten komplexen Konstruktes zu berücksichtigen waren und so anders als üblich nicht das Substrat passend zum Beschichtungsprozess ausgewählt, sondern der Prozess an das Substrat angepasst wird. Zu diesen besonderen Eigenschaften gehören z.B. die geringe Blechstärke des Substrates und dass dieses eine gewölbte Form besitzt. Ein anschließender Zusammenbau gedruckter Elemente entfällt bei der gewählten Methodik also und trägt zur weiteren Verkürzung der Prozesskette bei, die bei der additiven Fertigung ohnehin wesentlich kürzer ausfällt als bei der konventionellen Fertigung (Abb. 2).

Abb. 2: Gegenüberstellung Prozessketten konventionelles Laserschweißen und additiv-generative Fertigung
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Zum Zwecke eines kompetitiven Vergleichs der Technologie wurde vom Projektpartner Alstom (bis 2021 Bombardier Transportation) die ICE4 Seitenwand als Benchmark für ihre Berechnungen ausgewählt. Ein topologieoptimiertes Design der Versteifungsstruktur wurde von Alstom in Simulationen iterativ entwickelt, mit prozesstechnischen Versuchsergebnissen von Photon abgesichert, für die spätere Herstellung optimiert und in Simulationen validiert.

Die Berechnungen zeigen, dass durch die topologieoptimierten Strukturen bei gleicher Stabilität mehr als 20% Gewicht in den Versteifungsstrukturen eingespart werden. Gegenüber der noch weit verbreiteten Bauweise mit Überlappstößen und Punktschweißverbindungen können sogar rund 50% Gewicht eingespart werden.

Innerhalb der gesamten topologieoptimierten Seitenwand wurde ein Ausschnitt lokalisiert, welcher alle topologischen Features enthält und anschließend ausgewählt um, einen Demonstrator im Maßstab 1:1 zu fertigen.

Zwecks Beschichtung der Strukturen wurde eine Prozessoptik mit integrierten Lasermodulen und koaxialer Drahtzuführung, welche vom Projektpartner Oscar PLT zur Verfügung gestellt wurde, erst an isolierten Features erprobt und anschließend im Herstellungsprozess des Demonstrators erfolgreich eingesetzt.

Diese Optik wurde in einer Laserkabine von Photon an einen Standard-Industrieroboter gekoppelt, welcher auf einer 7. Achse montiert ist und somit Arbeitsräume bis 25m Länge abdecken kann. Für die Generierung der Beschichtungsbahnen des Roboters wurde eine eigene Bahnplanungssoftware entwickelt, welche aus dem CAD-Modell des Demonstrators automatisch die Roboterbahnen erstellt. Diese Software wurde so entwickelt, dass sie die geometrischen Features der topologieoptimierten Struktur, sowie die Wölbung des zu beschichtenden Substrates berücksichtigt. Die generierten Bahnen wurden im Vorfeld in einer virtuellen Nachbildung getestet (Abb. 3).

Abb. 3: Grundlagenversuche an Strukturen die mit Laser-Draht-Auftragsschweißen (LDA) erstellt wurden
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Zur Demonstration der Technologie wurde aus der von Alstom generierten Seitenwand ein repräsentativer Bereich der ICE4 Seitenwand ausgewählt, welcher in Originalgröße hergestellt werden sollte. Bei der anschließenden Analyse des Bauteils wurden Bereiche festgelegt, bei denen eine konventionelle Herstellung einzelner Unterbaugruppen als vorteilhaft eingestuft wurde. Zu diesen Bereichen gehören unter anderem die Fensterrahmen, sowie der Übergang zum Obergurt, da diese Bereiche aus den konventionellen Bauweisen übernommen werden können und die Schnittstellen zu den angrenzenden Bereichen so gegenüber einer additiven Ausführung vereinfacht sind. Die konventionellen Versteifungsstrukturen in diesen Anschlussbereichen konnten dem ICE4 entlehnt werden. Durch diese Designkombination wird gleichzeitig auch die Möglichkeit einer Hybridbauweise demonstriert, die Kosten senkt und die Einbindung der additiven Fertigungsverfahren in die Struktur vereinfacht, da die bekannten Schnittstellen weiter genutzt werden (Abb. 4).

Abb. 4: Zerlegung des Demonstrators in die Unterbaugruppen Tailored Blank, additiv herzustellende, topologieoptimierte Struktur und Laserschneid- und Kantteile
Copyright by Alstom und Photon Laser Manufacturing GmbH

Für die Fertigung des Demonstrators wurde das vorgeformte Tailored Blank, welches als Substrat fungiert, auf einer Magnetvorrichtung mit aktiver Kühlung positioniert. Im nächsten Schritt wurde unter Verwendung der eigenen Bahnplanungssoftware und der Prozessoptik von Oscar PLT die topologieoptimierte Struktur mittels 90 übereinanderliegenden Beschichtungen mit Laser-Draht-Auftragsschweißen direkt auf der Außenhaut aufgetragen (Abb. 5).

Abb. 5: Fertigung des Demonstrators in der Laserkabine
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Für das Beschichten von Kreuzungen, der Überhänge und dem Schließen der zusammenlaufenden Stegstrukturen wurden spezifische Beschichtungsstrategien entwickelt. Zu diesen Beschichtungsstrategien gehört das graduelle Kippen der Prozessoptik beim Beschichten der Überhänge. Ein weiteres dieser Features stellt das finale Schließen der zusammenlaufenden Stegstrukturen im Dachbereich dar. Diese 2 mm breiten Spalte konnten durch eine überlagerte Pendelbewegung erfolgreich geschlossen werden (Abb. 6).

Abb. 6: Entwicklung von Strategien zur Beschichtung komplexer Geometrien
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In den finalen Demonstrator wurden für das additive Fertigen der topologieoptimierten Struktur 600m Draht beschichtet. Die additiv hergestellte Versteifungsstruktur wiegt lediglich 7,4kg. Die Laserkantteile im Demonstratorausschnitt haben ein Gewicht von 13,7 kg und die Außenhaut mit Obergurt 58,9 kg. Der additiv hergestellte Demonstrator wiegt somit nur 80kg. Im Vergleich dazu erreicht ein vergleichbarer Demonstrator der Laser-Stahl-Leichtbauweise mit Gerippestruktur ein Gesamtgewicht von 101,3 kg. Die Herstellung der Versteifungsstruktur mittels Laser-Draht-Auftragschweißen bietet somit ein Gewichtseinsparungspotential von rund 21 %.

Die erfolgreiche Entwicklung der Technologie zeigt, dass mit dem Laser-Draht-Auftragschweißen große und komplexe Baugruppen herstellbar sind und dass die Methodik bereits die technologische Reife für die weitere Vorbereitung zur Einführung in die Industrie besitzt.

Dabei ergeben sich die größten Gewichtseinsparungen und die bestmögliche Herstellbarkeit durch frühe Einbindung von Design und Berechnung sowie simultane Entwicklung der Fertigungstechnologie in interdisziplinärer Zusammenarbeit.

Abb. 7: Finaler Demonstrator des Innoadd-Projekts auf der Hannovermesse 2023
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