Den Leichtbau in seiner Ganzheit betrachten

Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Produktion und Fertigung von Großstrukturen bilden die Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer Instituts für Großstrukturen in der Produktionstechnik in Rostock. Ziel der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Fraunhofer IGP ist es, ganzheitliche Lösungen zu entwickeln, die den Kunden eine kostengünstigere und qualitätsgerechte Fertigung ermöglichen. Diese Ziele werden mit anwendbaren und praxisgerechten Lösungen erreicht.

Im Bereich des Leichtbaus beschäftigt sich die Abteilung „Neue Werkstoffe und Verfahren“ sowohl mit der Entwicklung und Adaption von innovativen Fertigungsverfahren für Faserverbundstrukturen als auch mit aktuellen fügetechnischen Problemstellungen der Leicht- und Mischbauweisen.

Stellen Sie Ihre Leichtbaulösungen vor.

Als Forschungseinrichtung entwickeln wir zusammen mit unseren Partnern aus der Industrie innovative Lösungen für die maritime Branche. Unser breites Portfolio umfasst hierbei den Bereich der automatisierten Fertigungsprozesse: Laminieren, Kleben, aber auch Beschichten und geht hin bis zur Qualifizierung von Verfahren, Materialien und Konstruktionen im Rahmen unseres akkreditierten Prüflabors. Die Arbeitsschwerpunkte decken den gesamten Produktlebenszyklus ab, beginnend bei der Auslegung und Dimensionierung von Faserverbundbauteilen über die Entwicklung brandgeschützter Werkstoffe bis hin zum Recycling polymerer Werkstoffe.

Vor welche Herausforderungen stellt Sie der Leichtbau in der maritimen Branche aktuell?

Der Schiffbau ist traditionell geprägt von stahlbaulicher Fertigung, bei der der Einsatz von Faserverbundkunststoffen (FVK) und das Kleben als neue Fügetechnik lange Zeit gar keine Rolle spielten. Aktuell liegen die Herausforderungen für die Etablierung des Leichtbaus in der maritimen Branche mittels FVK in den strengen Regularien insbesondere hinsichtlich der Brandsicherheit und des komplexen Zulassungsprozesses. Weiterhin besteht bei Werften häufig noch eine Unkenntnis über die Auslegung von FVK-Strukturen und über die Verarbeitung der „neuen“ Werkstoffe. Weitere Herausforderungen liegen in der Einführung von Klebprozessen im Werfbetrieb.

Wo können Forschung, Entwicklung und Innovation zum maritimen Leichtbau von den Entwicklungen in anderen Bereichen oder Branchen profitieren?

Grundsätzlich sind Leichtbaulösungen überall da von besonderem Interesse, wo große Massen bewegt werden müssen. Andere Branchen des Transportwesens sind hier bereits weiter. So können bereits etablierte Bauweisen, Materialien und Fügetechnologien aus der Luftfahrt oder dem Schienen- und Nutzfahrzeugbau auf den maritimen Leichtbau adaptiert werden. Weiterhin kann die maritime Branche hinsichtlich der Fertigung von Großstrukturen aus Faserverbundwerkstoffen und der Anwendung der Klebtechnik im Bereich von Großstrukuren von Entwicklungen aus der Windenergiebranche profitieren, wo Rotorblätter mit einer Länge von mehr als 100 m produziert werden.

Wo öffnet Leichtbau Raum für Innovationen und wie wird die Zukunft der maritimen Branche dadurch beeinflusst?

Der Leichtbau stellt eine der Schlüsseltechnologien für einen nachhaltigen Personen- und Güterverkehr dar. Durch den Einsatz innovativer leichter Materialien und neuer Bauweisen kann das Eigengewicht und der Energieverbrauch gesenkt oder aber die Nutzlast erhöht werden. Beides senkt die CO2-Emissionen signifikant und trägt zum Erreichen der globalen Klimaziele bei.

Welche Schritte werden Sie als nächstes gehen, um den Leichtbau voranzutreiben?

Zusammen mit unseren Partnern aus der maritimen Branche entwickeln wir in einem aktuellen Forschungsprojekt innovative Leichtbau- und Fügetechnologien für elektrisch angetriebene Schiffe. Dazu wollen wir unter anderem den Automatisierungsgrad in der Fertigung von schiffbaulichen Decks- und Rumpfstrukturen erhöhen. Im Fokus stehen die Entwicklung vorausgerüsteter Composite-Leichtbaumodule mit erhöhten Brandschutzeigenschaften sowie das Fügen schiffbaulicher Leichtbau-Aluminiumstrukturen mittels Kleben oder Laserhybrid-Schweißen.

Was muss sonst noch dringend zum Thema Leichtbau gesagt werden?

Unter dem Begriff Leichtbau ist nicht nur die reine Substitution von Stahl durch leichtere Materialien wie FVK zu verstehen. Leichtbau umfasst viel mehr, unter anderem angepasste Bauweisen mit einer last- und werkstoffoptimierten Konstruktion sowie durchdachter Funktionsintegration. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten bei der Produktherstellung stehen signifikanten Einsparungen in der Nutzungsphase gegenüber. Dies dem Endverbraucher zu vermitteln, ist eine zentrale Herausforderung in naher Zukunft.

Kontakt:

Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP
Albert-Einstein-Str. 30 | 18059 Rostock

Dr.-Ing. Nikolai Glück
Abteilungsleitung | Neue Werkstoffe und Verfahren
+49 381 49682 – 39
nikolai.glueck@igp.fraunhofer.de

www.igp.fraunhofer.de